Menschliche Verbundenheit / gemeinsames Menschsein vs. Selbstisolierung
Eigentlich wissen wir alle, dass niemand perfekt ist – aber das wissen wir kognitiv. Emotional fühlt es sich meist ganz anders an: Wenn wir an etwas in unserem Leben scheitern oder uns ein Vorhaben nicht gelingt, dann haben wir oft das Gefühl, dass etwas grundlegend schief geht und das nicht hätte passieren sollen. Wir haben dann oft das Gefühl, dass es den anderen allen gut geht, sie ein perfektes Leben haben – nur bei uns selbst stimmt etwas nicht. Das schafft ein Gefühl von Abnormität, das sehr isolierend wirkt. Wir fühlen uns dann so, als ob jeder andere ein perfektes, normales und glückliches Leben führen würde – nur wir selbst nicht.
Statt uns zu isolieren und zu denken, wir sind die einzigen, denen es so schlecht geht und statt das Gefühl zu haben, die anderen haben es alle besser, verbinden wir uns im Selbstmitgefühl mit dem Aspekt der menschlichen Verbundenheit: Alle Menschen erleben Schwieriges in ihrem Leben – Verluste, Enttäuschungen, Ärger, Stress. Vielleicht weiss niemand, was wir gerade erleben – aber wir können uns bewusst machen, dass es anderen Menschen auch so geht – dass sie auch Schwierigkeiten erleben und verbinden uns so mit dem Aspekt gemeinsamen Menschseins.
Unsere Erfahrung, nicht perfekt zu sein, erleben wir mit Selbstmitgefühl als Teil der allgemeinen menschlichen Erfahrung. Wir erkennen, dass Leid zum Menschsein dazu gehört, es letztlich unvermeidlich ist. Jeder Mensch leidet in der einen oder anderen Art, und das ist normal. Wir alle fühlen uns manchmal traurig, wütend, schämen uns – wir alle scheitern manchmal, und das ist ganz menschlich.